Es muss nicht perfekt sein: Präsenzkurse schnell auf Online-Unterricht umstellen

Sind Sie als Trainer oder Dozent von den Einschränkungen durch den Coronavirus betroffen? Und müssen von einem Tag auf den anderen entweder Umsatzeinbußen in Kauf nehmen oder ganz schnell Ihren Präsenzunterricht auf eine Online-Umgebung, ein Webinar umstellen? Dann sind Sie vielleicht wie ich in Vorbereitungskursen zu IHK- oder HWK-Prüfungen tätig. Und stehen vor der Frage, wie Sie die restlichen Vorbereitungsstunden für Prüfungen ab Mai abdecken.

Keine Angst – das ist schneller umgesetzt als befürchtet. Denn es muss nicht perfekt sein. Sie müssen eine Übergangszeit bewältigen, nicht einen Onlinekurs von Grund auf konzipieren und aufsetzen. Ihre Teilnehmer erwarten keine auf Onlinelernen ausgerichtete Didaktik, keine perfekte Online-Methodik. Schließlich wird Ihr Kurs bzw. Lehrgang – abhängig von der Gesamtdauer – bald wieder offline weitergeführt.

Wie wird es meinen Teilnehmern mit der Umstellung gehen?

Die durch das Virus vorangetriebene, plötzliche Umstellung bedeutet, dass sich auch Ihre Teilnehmer in einer unvorhergesehenen Situation befinden:

  • Vieler Ihrer Teilnehmer wissen weniger über die Technologie(n), die Sie einsetzen werden, als Sie. Sie werden ihnen mindestens einen Schritt voraus sein.
  • Viele Ihrer Teilnehmer werden per Tablet oder Smartphone zugreifen – nicht alle haben einen Rechner zu Hause. Brauchen sie ja auch nicht – sie haben sich nicht für einen Onlinekurs angemeldet.
  • Manche werden kein Mikrofon einsetzen können oder wollen – entweder weil sie keines haben oder die häusliche Umgebung es nicht hergibt, dieses zu verwenden (z. B. spielende Kinder im Hintergrund u. a.).
  • Einige Ihrer Teilnehmer werden zu Hause sein, entweder im Home-Office oder weil sich die Kinderbetreuung nicht anders regeln ließ. Oder, weil sie entweder unter Quarantäne stehen oder selbst erkrankt sind. D. h., sie können sich nicht in vollem Umfang auf den Online-Unterricht konzentrieren.
  • Einige Ihrer Teilnehmer werden in der aktuellen Situation mehr arbeiten müssen, insbesondere wenn sie zu den Berufsgruppen gehören, die jetzt verstärkt gefordert sind. Das betrifft nicht nur die Gesundheitsberufe, Feuerwehr und Polizei, sondern z. B. auch viele Mitarbeiter im Handel. Viele werden aus beruflichen Gründen Ihre Termine online nicht wahrnehmen können.

Was bedeutet die Umstellung für meine Inhalte und Unterlagen?

  • Sie nutzen PowerPoint-Präsentationen für Ihre Inhalte? Prima, die können Sie auch online präsentieren und die Inhalte entsprechend kommentieren. Ihre Teilnehmer sind mit Ihrem Präsentationsstil bereits vertraut, also müssen Sie sich nicht umstellen.
  • Sie setzen ein Lehrbuch, einen Textband oder ein Skript in Ihrem Kurs ein? Gut, diese Unterlagen können Sie auch im Online-Unterricht heranziehen und die Teilnehmer weiterhin direkt damit arbeiten lassen.
  • Sie stellen den Teilnehmern Aufgaben für die kommenden Termine? Auch das können Sie beibehalten. Nur dass die Teilnehmer Ihnen die Lösungen nun per E-Mail zukommen lassen, oder – falls verfügbar – auf einem Lernmanagementsystem einreichen.

Wie soll ich Didaktik und Methodik anpassen?

  • Ändern Sie die inhaltliche Struktur nicht, denn der Online-Unterricht ist eine Übergangsphase. Danach geht es wie gewohnt mit Ihrem Präsenzunterricht weiter.
  • Überlegen Sie, an welchen Stellen Sie ggf. zusätzliche visuelle Darstellungen einsetzen können und fügen Sie diese in Ihre Inhalte ein. Das macht die Erfassung von Inhalten am Bildschirm für die Teilnehmer einfacher.
  • Sie nutzen im Präsenzunterricht eine Vielfalt aktiver Methoden? Fast alle lassen sich mit wenig Aufwand auf den Online-Unterricht adaptieren und übertragen. Lehrgespräche und Diskussionen? Einsatz von Whiteboards? Kein Problem. Selbst Gruppenaufgaben sind durchführbar, sofern die verwendete Software dies ermöglicht.

Welche Hardware benötige ich für den Online-Unterricht?

Damit der Online-Unterricht klappt, brauchen Sie eine stabile Internet-Verbindung, einen Rechner und ein Headset, hilfreich ist auch eine Kamera.

  • Setzen Sie bitte einen Desktop-Rechner oder Laptop ein. Nur wenige Softwareanbieter ermöglichen die Steuerung von Online-Veranstaltungen via Tablet/App.
  • Ihr Rechner sollte mit einem LAN-Kabel an Ihren Router angeschlossen sein. So vermeiden Sie die unvorhergesehenen Schwankungen Ihres WLAN, insbesondere wenn noch weitere Personen den Internetanschluss nutzen.
  • Sie benötigen ein Headset. Testen Sie, ob das Headset Ihres Smartphones an Ihren Rechner angeschlossen werden kann und wie Ihre Stimme über dieses klingt. Für den Übergangszeitraum kann das völlig ausreichen. Gute Headsets für Online-Meetings und Webinare bekommen Sie ab ca. 16 EUR bei amazon*.
  • Sie sollten eine Webcam einsetzen, damit Ihre Teilnehmer Sie im Online-Unterricht live sehen können. Darüber können Sie mit Ihrer Mimik und Gestik Ihren Inhalten weiteren Ausdruck verleihen. Die Monitore zu Desktop-Rechnern verfügen meist nicht über eine eingebaute Webcam, d. h. Sie müssen eine separate Kamera* anschließen. Setzen Sie einen Laptop ein, dann nutzen Sie für diese Übergangsphase die eingebaute Webcam.

Welche Software-Funktionen muss ich beherrschen?

Der Lernaufwand für Sie ist von der Software abhängig, die man Ihnen für die Phase des Online-Unterrichts zur Verfügung stellt. Machen Sie sich mit den wichtigsten Funktionen in Übungssitzungen vertraut, spielen Sie 20 – 30 Minuten Unterricht als Test durch.

Die Software-Angebote für Online-Meetings und -Trainings lassen sich grob in zwei Gruppen einteilen:

  • Übertragung der Inhalte an die Teilnehmer nur per Bildschirmübertragung: Sie übertragen das Dokument oder die PowerPoint-Präsentation direkt von Ihrem Rechner. In diesem Fall können Sie sämtliche Funktionen z. B. von PowerPoint oder anderer Software einsetzen und/oder demonstrieren.
  • Hochladen der Dokumente auf den Software-Server und Übertragung von dort: Sie laden Ihre Unterlagen für den Unterricht in der Software hoch. Die Übertragung findet über den Software-Server statt. Die meisten Anbieter solcher Software wandeln Ihre Unterlagen beim Hochladen in PDF-Dokumente um. D. h., dass z. B. typische PowerPoint-Funktionen wie Animationen nicht zur Verfügung stehen. Parallel bieten diese Anbieter auch Bildschirmübertragung an.

Aufzeichnungen

Nutzen Sie die Aufzeichnungsfunktion der Software. Dann haben die Teilnehmer, die nicht dabei sein konnten, eine Chance, sich im Nachhinein in Ruhe Ihren Unterricht anzusehen. Machen Sie sich damit vertraut, wie Aufzeichnungen gestartet, angehalten und beendet werden. Sie müssen diese nicht nachbearbeiten.

Aufzeichnungen werden entweder auf dem Server des Software-Anbieters oder auf Ihrem Rechner gespeichert. Im ersten Fall benötigen Sie zur Weitergabe an Ihre Teilnehmer nur den Link, den Ihnen die Software zur Verfügung stellt. Im zweiten Fall sollten Sie die Datei in einem Lernmanagementsystem zum Abruf zur Verfügung stellen.

Eine wichtige Kleinigkeit zu Aufzeichnungen: Sie benötigen dafür datenschutzrechtlich die Einwilligung der Teilnehmer. Ich habe bisher noch nicht erlebt, dass jemand einer Aufzeichnung widersprochen hat, insbesondere nicht in Prüfungsvorbereitungskursen. Die Teilnehmer sind froh, wenn diese zur Verfügung stehen, insbesondere wenn sie zu einem Termin verhindert waren.

Pflicht: Mit diesen Basis-Funktionen gestalten Sie schnell interaktiven Unterricht.

Interaktionen sind im Online-Unterricht wichtig, um die Aufmerksamkeit der Teilnehmer zu halten. Die sind nämlich in dieser Situation wesentlich schneller abgelenkt als in Ihrem Präsenzunterricht.

  • Nonverbale Nachrichten: Alle Programme erlauben den Teilnehmern, nonverbal z. B. ihre Zustimmung oder Ablehnung zu einem Thema, einer Frage auszudrücken. Das entspricht einer Ja-/Nein-Abfrage in der Präsenz mit entsprechenden Handmeldungen der Teilnehmer. Viele Programme bieten auch Smileys und andere Symbole an.
  • Chat: Über den Chat senden Sie Mitteilungen für alle Teilnehmer in den Onlineraum. Die Textnachrichten einzelner Teilnehmer werden ebenfalls von allen gesehen. Die Chatfunktion ist insbesondere dann wichtig, wenn Teilnehmer kein Mikrofon nutzen und sich trotzdem bemerkbar machen wollen.
  • Mikrofon aktivieren/stumm schalten: Die meisten Programme sehen vor, dass Sie gezielt die Mikrofone der Teilnehmer aktivieren oder stumm schalten können. Machen Sie sich mit der Handhabung vertraut. Die Interaktion via Mikrofon ist wichtig für Lehrgespräche und Diskussionen.
  • Whiteboard und Kommentare der Teilnehmer: Überprüfen Sie, ob Ihre Software eine Whiteboard-Funktion hat und wie die Teilnehmer darauf Texte, Symbole und Zeichnungen verfassen können. Mit dem Whiteboard können Sie schnell und einfach Beiträge der Teilnehmer in den Unterricht einbinden oder selbst auf Fragen reagieren. So wie Sie im Präsenzunterricht Flipchart und/oder Whiteboard für Notizen einbinden.

Ich kenne Live-Online-Trainer, die sämtliche Interaktionen ihres Unterrichts nur mit diesen Funktionen bestreiten. Damit sind Sie für die Übergangsphase gut aufgestellt.

Kür: Wenn Sie mehr Abwechslung in die Interaktionen bringen wollen.

  • Umfragen: Die Software-Anbieter ermöglichen Ihnen, Multiple-Choice-Fragen in den Unterricht einzubauen. Probieren Sie das einfach mal aus, wenn es zu Ihren Inhalten passt.
  • Gruppenarbeiten: Gruppenarbeiten sind die „hohe Schule“ des Online-Unterrichts. Nicht alle Software-Anbieter verfügen über diese Funktion. Wenn sie vorhanden ist, dann teilen Sie Ihre Teilnehmer ein und lassen sie wie im Präsenzunterricht in Gruppen Inhalte erarbeiten. Die Teilnehmer stellen diese anschließend im Plenum vor.

Umfragen und Gruppenarbeiten bedürfen einer Vorbereitung im Vorfeld des Online-Unterrichts. D. h. hierfür entsteht Ihnen ein zusätzlicher Aufwand. Je nach Dauer der Übergangsphase müssen Sie für sich entscheiden, ob Sie sich damit auseinandersetzen wollen oder nicht.

Schlusswort

Machen Sie nicht zu viel. Sie benötigen etwas Zeit, um sich kurzfristig mit einer bisher ungewohnten Technik und Lehrsituation auseinanderzusetzen. Ihre Teilnehmer werden froh sein, dass es mit ihrem Kurs überhaupt im gewohnten Rhythmus weitergeht und keine Stunden der Prüfungsvorbereitung ausfallen.

Sie wollen mehr wissen? Dann vereinbaren Sie ein Treffen in meinem Online-Büro. Dort kann ich Ihnen z. B. einige der o. a. Funktionen direkt zeigen.

Disclaimer: Dieser Blogartikel wurde inspiriert durch die Veröffentlichung „Please do a bad job of putting your courses online“ von Rebecca Barrett-Fox.
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